Auf die Folter gespannt

Seltsame Pflanze hält Insekten am Rüssel fest

0 12.01.2024

Sonnige Grüße aus dem Süden sendet der Gerscheder Vogelkundler Uwe van Hoorn den Leserinnen und Lesern der Werdener Nachrichten. Auf seinem Foto zu sehen ist die Frucht einer Folterpflanze. Keine Bange: Van Hoorn hat die Begegnung mit Araujia sericifera, so der wissenschaftliche Name, in Roses (Costa Brava) gut überstanden. Wenn überhaupt, geht es Insekten an den langen Rüssel.

Wie bitte?

Die Folterpflanze ist eine schnell wachsende Schlingpflanze. Ihre Blüten erscheinen sehr zahlreich in Büscheln vom Sommer bis in den Herbst hinein. Araujia sericifera – sie gehört zur Familie der Hundsgiftgewächse - lockt mit dem Duft ihrer weißen bis blass-rosa farbenen Blüten meist Nachtfalter an. Die stecken dann, um an den Nektar zu gelangen, ihren langen Saugrüssel in die Blüte. Und zack! Die Pflanze klemmt den Rüssel ein, bis die Blüte bestäubt ist. Meist kommt das Insekt erst am nächsten Morgen frei, um dann mit dem Pollen der einen Blüte an der Nase auf der nächsten Blüte zu landen und sich erneut fangen zu lassen. In den Früchten findet man zahlreiche Samen. Die Pflanze ist sehr verbreitungsfreudig.

Ursprünglich ist sie nur in Südamerika zu Hause. Von dort aus brachten sie Gartenliebhaber nach Europa, wo sie im sonnigen Süden mitunter schon als invasive Art gilt.

Ihre zahlreichen Blüten und der exotische Nimbus als Folterpflanze macht sie attraktiv für Gärtnereien, die Pflanzen zum Kauf anbieten. Vom Kauf der Pflanzen raten Naturschützer ab. Zu groß ist ihre Sorge, dass sich auch diese Pflanze invasiv bei uns breit macht. Okay, derzeit dürfte die Pflanze in unseren Breiten nicht den Winter überstehen. Aber wer weiß?

Schließlich sind zahlreiche Neophyten (Neu-Pflanzen) in unseren Gärten ein wachsendes Problem. Manche Neophyten schaffen von alleine den Sprung über den Gartenzaun, andere werden bewusst ausgesetzt, weil sie vielleicht schön sind oder praktisch überall gedeihen können.

In Deutschland definiert Paragraf sieben des Bundesnaturschutzgesetzes den Begriff invasive Art als "eine Art, deren Vorkommen außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets für die dort natürlich vorkommenden Ökosysteme, Biotope oder Arten ein erhebliches Gefährdungspotenzial darstellt."

In Essen kennt man zum Beispiel den Riesenbärenklau, der auch für den Menschen problematisch werden kann, bei Hautkontakt und Sonnenlicht kann er schwere Verbrennungen verursachen. Für Asthmatiker die die Aufrechte Ambrosia eine Gefahr – ebenfalls ein Neophyt. Und auch nicht jedermanns Sache ist das in Massen auftretende geruchsintensive Drüsige Springkraut, das im Essener Süden im Spätsommer so manches Bachtal überwuchert. Kleingartenvereine haben ein Verbot erlassen, Kirschlorbeer zu pflanzen, da auch diese immergrüne Mauer invasiv sein kann. Er verwildert leicht und verhindert das Aufkommen anderer Pflanzenarten.

Für einige wenige Neophyten gibt es in der EU sogar ein Verkaufsverbot. Meist bleibt es aber bei Empfehlungen an die Gartenbesitzer, bestimmte Pflanzen nicht zu setzen.

Zurück zur Folterpflanze: Frost verträgt sie nicht. Und so ist es momentan wenig wahrscheinlich, dass sie bei uns dauerhaft Wurzeln schlagen wird.

Zum Bild:  So sehen sie Früchte aus. Sie enthalten sehr, sehr viele Samen. Fotos: Uwe van Hoorn

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