Vor 100 Jahren: Große Pläne für Terrassenfriedhof

0 17.04.2024

Kriegsfolgen, Ruhrbesetzung und Hyper-Inflation - auch 1924 war für die leidgeprüfte Bevölkerung vor allem im Revier ein schwarzes Jahr. Wir bringen in loser Folge Kurznachrichten aus der Zeit vor hundert Jahren, die damals in zeitgenössischen Zeitungen erschienen.

Zehntausende von Arbeitslosigkeit betroffen

Essener Allgemeine Zeitung (EAZ), Freitag, 11. April 1924. Das Wirtschaftsleben unserer Stadt wird nach wie vor durch eine umfangreiche Arbeitslosigkeit gekennzeichnet. Wenn in den 3 letzten Monaten auch ein Rückgang der Arbeitslosenziffer von ihrem Höchststand am Ende des vorigen Jahres eingetreten ist, so ist, wie die Stadtverwaltung mitteilt, der jetzige Zustand doch immer noch außerordentlich verhängnisvoll.

In Essen gibt es zurzeit 22974 männliche und 1629 weibliche Arbeitslose. Zählt man die Frauen und Kinder der Arbeitslosen, die sich zusammen auf 17725 belaufen, so ergibt sich die Zahl von 42329 Betroffenen.

Die Mehrzahl der Erwerbslosen wird durch die Arbeiter der Metallindustrie gestellt, dann folgen die ungelernten Arbeiter und Tagelöhner aller Art, die Maurer und Zimmerer, die Bergarbeiter (mit rund 2000), die kaufmännischen Angestellten (mit rund 1600), die Heizer und Maschinisten.

Die Zahl der weiblichen Erwerbslosen verteilt sich in der Hauptsache erstens auf die Arbeiterinnen, zweitens auf Schneiderinnen Modistinnen und Verkäuferinnen, und drittens auf Büroangestellte. Vor der Besetzung des Ruhrgebietes gab es in Essen 125 Arbeitslose.

Große Pläne für den Terrassenfriedhof

EAZ, Samstag, 13. April 1924. Die Stadt Essen plant die Anlage von großen Zentralfriedhöfen. Herr Beigeordneter Bode, der - unter Mitarbeit von Herrn Gartendirektor Korte für den gartenbaulichen Teil - die Anlagen und ihre Bauten entworfen hat, gab in der letzten Stadtverordnetensitzung anhand von aufgehängten Plänen und Bildern ein eingehendes Bild über die neuen Anlagen (...)

Der Park- und Waldfriedhof in Essen-Schönebeck liegt südlich der Hauptverbindung zwischen Essen und Oberhausen und wird begrenzt im Westen von der Heißener Straße, im Osten von hohen Bahndämmen, im Norden von der Herbrüggener Straße, welche später zu einer Verbandsstraße ausgebaut werden soll und eine direkte Verbindung zwischen dem Bahnhof Essen West nach Oberhausen darstellt. Er umfasst 21 Hektar mit etwa 70000 Begräbnisstellen, die für 25-30 Jahre vorhalten. (...) Der spätere Hauptzugang soll an die tiefer liegende Nordostecke in unmittelbarer Nähe der Verbandsstraße zu liegen kommen. Hier sind 2 Eingangshäuschen für Pförtner sowie Blumenläden vorgesehen, während das eigentliche Hauptgebäude, die Kapelle mit den Leichenhallen sich in der großen Hauptachse über den einzelnen in Terrassen ansteigenden Gräberfeldern auf dem höchsten Teil der Kuppe erhebt und so den ganzen Friedhof beherrscht (...)

Doppelter Giftmord?

Die Kunde von einem furchtbaren Verbrechen, das in einem Hause in der Annastraße verübt sein soll, bildet seit einigen Tagen das Tagesgespräch in weiten Kreisen der Essener Bürgerschaft. Es handelt sich hier um den grässlichen Verdacht, dass ein junger, den gebildeten Ständen angehörender Mensch seine eigene Mutter, wenn nicht gar auch noch seinen Vater durch Gift aus dem Wege geräumt hat.

In dem Hause Annastraße 38 betrieb der Heizungsingenieur Georg Müller, ein Mann in den 50er Jahren, seit einer langen Reihe von Jahren die Essener Zentralheizungsfabrik, eine in Essen allgemein bekannte Firma. Vor reichlich 3 Wochen starb ganz unerwartet der Inhaber der Firma, ohne dass er vorher krank darniedergelegen hatte. Am 5. April folgte ihm seine Ehefrau ebenso unerwartet im Tode nach. Die lebensfrohe Frau hatte noch am Tage vor ihrem Tode im Kreise befreundeter Damen gesellige Stunden verlebt.

Das Ableben der Witwe Müller erfolgte indessen unter so verdächtigen Umständen. dass die Kriminalpolizei sich veranlasst sah, sich der Angelegenheit zu bemächtigen. Die angestellten Ermittlungen rechtfertigen den dringenden Verdacht, dass die Frau eines gewaltsamen Todes gestorben ist, und zwar besteht die Vermutung, dass ihr 22 Jahre alter Sohn Robert zum Giftmörder geworden ist (...)

Radio anmelden oder Gefängnis!

EAZ, Mittwoch, 16. April 1924. Die Frist, innerhalb deren nicht genehmigte Funkanlagen zur nachträglichen Genehmigung angemeldet werden müssen, läuft am 16. April ab. Die Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Funkverkehrs vom 8. März 1924 bedroht die Verwendung von Funkgeräten aller Art ohne Genehmigung der Reichstelegraphenverwaltung mit Gefängnis. Straffrei bleibt nur, wer die nachträgliche Genehmigung bis spätestens 16 April beantragt.

Die Anmeldung hat schriftlich bei dem zuständigen Postamt zu geschehen und muss folgende Angaben über die benutzten Empfangsgeräte enthalten: a) ob mit oder ohne Stempel RTV, b) ob selbst gebaut oder fertig gekauft, c) ob Kristalldetektorempfänger mit oder ohne Verstärker, d) ob Röhrenempfänger.

Die Genehmigungsgebühr ist für alle Arten von Anlagen die gleiche, und zwar 2 Mark monatlich. Sie wird später durch das Postamt eingezogen werden, bei der Anmeldung sind also noch keine Gebühren zu entrichten.

Hierzu wird bemerkt, dass nach der Verordnung Nummer 71 der Rheinlandkommission die Herstellung, der An- und Verkauf oder der Besitz von Funkgerät nach wie vor im besetzten Gebiet verboten sind.

Quelle: Haus der Essener Geschichte / www.zeitpunkt.nrw - zusammengestellt und bearbeitet von Andreas Eickholt

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